Salomon Formstecher 

gilt einem Wort des Religionswissenschaftlers Schalom Ben-Chorin zufolge als einer der "Väter der Reform", die im 19. Jahrhundert die jüdische Gemeinschaft völlig umgestaltet, sie radikal geistig und seelisch erschüttert habe. Geboren wurde Formstecher am 26. Juli 1808 in Offenbach, wo er die Lateinschule besuchte. Nach dem Studium der Theologie, Philologie, Philosophie und Naturwissenschaften promovierte er 1831 in Gießen. 

In der bereits früh der Reformbewegung zugewandten Israelitischen Gemeinde seiner Heimatstadt erhielt er die Erlaubnis, in der Synagoge zu predigen. 12 Jahre wirkte Formstecher als Prediger und Religionslehrer, bevor er 1842 zum Gemeinderabbiner bestellt wurde. Ein Jahr zuvor veröffentlichte er "Die Religion des Geistes", die erste philosophische Grundlegung der Reformbewegung. Die Arbeit entstand in der Auseinandersetzung mit dem Werk des Philosophen Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und begründete das Judentum als eine Religion, die dem Ideal des ethischen Monotheismus folge und die nach Annahme dieses Ideals durch die Menschheit einer besonderen Lebensweise nicht mehr bedürfe. Als "aktiver Vorkämpfer der jüdischen Reformbewegung" (Schalom Ben-Chorin) suchte Rabbiner Formstecher in zahlreichen Schriften und durch die praktische Umformung des Gemeindelebens, die Ziele der Reformer zu popularisieren. Gleich seinen Zeitgenossen blieb Rabbiner Formstecher jedoch dem damals verbreiteten "Kultur-Optimismus" und in der Beschränkung auf eine Reform des jüdischen Kultus befangen. Für seine Verdienste zeichnete Großherzog Ludwig IV. Rabbiner Formstecher 1882 mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Ordens Philipps des Großmütigen aus. Die Stadt Offenbach verlieh Rabbiner Formstecher als erstem Juden die Ehrenbürgerwürde. Rabbiner Formstecher starb am 24. April 1889.